How to Corona: warum wir von Thailand was lernen können.

Anfang März bin ich zu einer Rennradreise nach Thailand aufgebrochen (um gleich mal die sofort aufkommenden Fragen zu beantworten: Ja, man kann dort mit dem Rennrad fahren. Ja, die Straßen sind sehr gut und die Autofahrer rücksichtsvoller als in Deutschland. Und ja, es ist Linksverkehr).

Während im Februar hier noch alle dachten „was interessieren mich die Corona-infizierten Mitarbeiter von Webasto?“, haben die Thailänder gefühlt schon seit Januar, seitdem der Ortsname Wuhan & Infektion fiel, vorgebeugt. Denn wenn jemand Erfahrung mit hartnäckigen Viren hat, dann das südostasiatische Land, das schon seine Kämpfe mit der Vogelgrippe oder dem Dengue-Fieber ausgefochten hat. Heute besetzt Thailand Platz 7 unter den Top 10 der Länder, die nach dem Global Health Security Index am besten gegen Epidemien gewappnet sind (Deutschland ist übrigens auf Platz 14). Es gibt Notfallpläne noch und nöcher und auch nicht schlecht sieht es laut Index bei der „Aktivierungsfähigkeit von Gegenmaßnahmen im Notfall“ aus.

Die Maßnahmen blieben auch mir nicht verborgen und sind für Deutschland vor drei Monaten noch unvorstellbar gewesen: 99 % der Leute trugen im Februar Mundschutz in den öffentlichen Verkehrsmitteln – das allerdings haben die meisten schon vorher gemacht und ist nichts Ungewöhnliches. Die einzigen, die sich vorkamen wie auf der Wies‘n ohne Tracht, waren ich und mein Freund ohne Maske.

An jeder Haltestelle des Skytrains und Wassertaxis stand Sicherheitspersonal am Ein- und Ausgang und hat freundlich darum gebeten, den Desinfektionsspender zu nutzen; in den Shoppingmalls sind Anti-Pandemie-Eingangskontrollen mit Infrarot- und Fieber-Messgeräten installiert. In einem Hotel-Fahrstuhl gab es Einweg-Wattestäbchen, um die Tasten für die Etage zu drücken :-). Okay – das habe ich dann schon etwas belächelt, aber hey – es ist eine hervorragende Idee, mal abgesehen vom ökologischen Fußabdruck.

Am Flughafen in Bangkok wurde jeder beim Betreten durch ein undurchsichtiges Fieberkontroll-System gelotst und beim Einchecken verteilte das weibliche Bodenpersonal Zettel zum Ausfüllen für Transit-Reisende. Ich weiß nicht, woher das ganze Personal plötzlich kam, das Tag für Tag vor Supermärkten, Hotels, Straßenbahnen, Flughäfen usw. positioniert wurde, um lächelnd darum zu bitten, Fieber zu messen oder Hände zu desinfizieren. In Sachen Aktivierungsfähigkeit ist Thailand Deutschland offensichtlich um einiges voraus.

Manchmal hatte ich den Eindruck, dass sich dieser Notfall-Mechanismus über die vergangenen virus-geprägten und -geplagten Jahre schon verbürokratisiert hatte: Was hab ich gelacht, als unsere Radgruppe im Hotel beim Einchecken ein Formular zur Untersuchung des Gesundheitszustandes à la ESTA ausfüllen musste.

Im Anschluss wurde jedem das Fieberthermometer an die Stirn gehalten und der Wert brav protokolliert. Meiner war zu hoch und deshalb musste ich warten und durfte nicht einchecken! Hallo? Ich war gerade bei 32 °C in der Mittagshitze mit dem Rennrad 140 km durch Südostasien gefahren – da darf man ja wohl etwas erhöhte Temperatur haben?! Ich hatte alles an dem Tag – aber kein Corona! Fünf Minuten sollte ich warten und nochmals Fieber messen. Ergebnis: immer noch erhöhte Temperatur. Ich hatte genug und bin trotzdem einfach aufs Zimmer gegangen …

Das würde ein Thai nie machen. Der tut alles wie ihm befohlen mit seinem liebenswürdigsten Lächeln, das die Welt je gesehen hat. Trotz dieser „Obrigkeitshörigkeit“ muss man Thailand lassen, dass sie die Sache echt im Griff haben, nicht in Panik geraten und auch nicht haufenweise Toilettenpapier und Reis zu Hause horten (vermute ich)!

Wir sind übrigens am 20.3. ohne Probleme zum Geisterflughafen München zurückgeflogen. Kein Mensch hat Fieber gemessen, keiner freundlich Desinfektionsmittel gespendet. Lediglich zwei überforderte Polizisten versuchten am Ende der Passagierbrücke die Pässe aller Reisenden zu kontrollieren. Die Hälfte ist einfach an ihnen vorbeigegangen. Am 23.3. hat Thailand die Schotten dicht gemacht. Glück gehabt :-).

Von Bianca Brügesch